20 p1010100 p1010105 p1010127 p1010141 p1010157

Man kann die Ostsee mit dem Auto umfahren, oder  mit großen Fähren befahren. Doch im Winter mit einem kleinen Containerschiff über die Ostsee bis ins schwedische Herz zu fahren, ist schon ein ganz besonderes Erlebnis. Als einziger Passagier hat man nicht nur die Chance, mit dem Käpt´n auf der Brücke zu stehen, sondern nimmt auch mit der Crew die Mahlzeiten ein. Vielleicht muss man auch etwas seefest sein, denn die Ostsee kann auch sehr kabbelig sein. Doch wenn das Schiff dann ruhig durch die Eisrinnen der Schärenküste oder gar durch den Mälarnsee bei Sonnenaufgang oder-untergang fährt, dann kommt schon ein unbeschreiblich schönes Gefühl auf.

Dienstag, der 6. Januar 2009

Es ging sehr schnell: Am Montag wusste ich noch nicht, dass ich am Dienstag um Mitternacht mit einem Containerfrachter nach Schweden reisen würde. Doch wenn man so flexibel ist, wie ich es derzeit wieder bin, dann kann man sich schnell entscheiden.

Wie kam das? Nun, mit der Reederei Speck, bei der ich nebenbei meine Buchhaltung machen lasse, spreche ich am Montagnachmittag über meine Pläne, bei diesem schönen Winterwetter mal mit der Colorline nach Oslo zu fahren. „Das können sie auch mit uns“ sagte mir Frau Schmalfeld, die Chefin der Reederei. Zwar nicht nach Oslo, doch nach Schweden. Ab Februar sind die Buchungen schon ziemlich voll, doch jetzt geht es noch. „Wann kann´s denn losgehen?“ fragte ich und eh ich mich versah, bot sie mir an: „Mittwoch früh ab Kiel Holtenau und Sonntag wieder in Kiel.“ Was soll das denn kosten?“ war meine nächste Frage. „Na, weil Sie es sind, 30 € pro Tag incl. Verpflegung und Getränke außer alkoholischen Getränken.

Da habe ich nicht lange gezögert und gesagt, „Ich kläre das und rufe Sie heute Nachmittag wieder an.“ Da gab´s aber gar nicht viel zu klären, höchstens ob mein Kumpel Jochen und seine Frau mitfahren wollten, doch die waren nicht ganz so flexibel, so dass ich schnell Bescheid sagte. „Wie heißt denn das Schiff“ erkundigte ich mich. „Trans Alrik“ sagte sie und ich fragte: „Was bedeutet denn Alrik?“ „Das war der Vorfahr des schwedischen Königs“ sagte sie mir (wenn ich es richtig behalten habe.) Da musste ich also erstmal wieder im Internet recherchieren: https://de.wikipedia.org/wiki/Alrik_und_Erik

Sie wusste noch nicht, wann genau das Schiff in Kiel sein würde, doch nachmittags rief mich jemand auf meinem Handy an – als ich geradeauf dem Festnetz telefonierte – und als ich zurückrief, meldete sich Kapitän Thede und sagte mir, dass sein Schiff wohl zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens in  Kiel-Holtenau sein würde. Genau wüsste er es später und so würde er mich 1 ½ Stunden vorher anrufen, wann er genau in Holtenau sein würde.

Er fragte mich auch, ob ich Bier oder Wein trinken würde, was ich bejahte, denn er müsse es bei Satori & Berger – dem Schiffsausrüster – bestellen.  „Ich kann den Wein auch mitbringen“ sagte ich und er meinte, „Ja, ich weiß nicht, ob man den von Satori & Berger trinken kann.“ Ich bestellte dann eine Kiste Bier – damit die Jungs auch mal eines bekommen – können und ging zu Lidl, um mir sechs Flaschen Rotwein zu besorgen. Da ich vorher nachgeschaut hatte, wo meine Skihose abgeblieben war, ich jedoch keine finden konnte, nur dünne Regenhosen vom Golfen, schaute ich mich bei Lidl um, ob ich dort etwas Passendes finden konnte und siehe da, es klappte. Nur 25,99 € für eine gefütterte und wasserdichte Hose. Was will man mehr!

Da ich direkt am Nordostseekanal wohne und immer sehen kann, wenn die Schiffe vorbeifahren, und ich kalkulierte, dass das Schiff von Rendsburg bis Kiel wohl 3 bis 3 ½ Stunden brauchen würde, sah ich mir nahezu jedes Schiff an, dass ab 20:00 Uhr bei mir vorbei fuhr. Meine Kumpels Rolf und Heini kamen noch vorbei, weil sie meinten, sie müssten den Mittwoch-Stammtisch vorverlegen, doch da ich a) nichts trinken konnte, da ich ja noch Autofahren musste und b) ich natürlich das Schiff nicht verpassen wollte und es c) einen interessanten Thriller im Fernsehen gab, wollte ich nicht mit und so blieben auch sie bis gegen 10:00 Uhr bei mir.

Kurz nachdem sie gegangen waren, sah ich ein Schiff kommen, aber es war „nur“ die „Werder Bremen“. Ja, das Schiff heißt wirklich so, wie es auch eine „Borussia Dortmund“ gibt. Doch das nächste war dann die „Trans Alrek“. Da ich ja noch die Nummer des Kapitäns auf meinen Handy hatte, rief ich ihn sofort an und sagte: „Gerade sind sie bei mir vorbeigefahren. Wann werden Sie jetzt in Holtenau sein?“ „Um 0 Uhr 50“ war seine Auskunft. „O.K., bin ich da.“ antwortete ich.

Da ich nur eine ½ Stunde bis Holtenau brauche, hatte ich also noch etwas Zeit und so hatte ich das Vergnügen, mir noch einen herrlichen Film über Neuseeland anzusehen, bei dem mich wieder das Fernweh packte, als ich die eine oder andere bekannte Ecke wiedersah. Ist schon eine tolle Doppelinsel auf der anderen Seite der Welt.

Halb 12 fuhr ich dann los, nachdem ich vorher schon mein großes Gepäck – voller warmer Wollpullover und Gummistiefel und natürlich den Wein – verladen hatte. An der Zollkontrolle am Hafen sagte mir der nette Beamte, ich könne mein Gepäck erst zur Missionsstation fahren und dann den Wagen hier auf dem Parkplatz vor dem Tor parken, da man es nicht so gerne sieht, wenn ein Auto eines Passagiers so lange im Hafengelände geparkt wird. Erst fand ich die Missionsstation nicht, da alles dunkel war, doch als ich sie dann endlich gefunden hatte, war sie geschlossen. Ich klingelte und nach kurzer Zeit kam eine etwas verschlafen wirkende ältere Dame an die Tür, die nicht so ganz glücklich darüber war, dass ich sie geweckt hatte. „Das ist nur für Seeleute und nicht für Passagiere“ und man möge doch auch ihre Nachtruhe berücksichtigen.

Mit vielen Entschuldigungen – der Zöllner hatte mich ja hergeschickt – bot ich an, draußen zu warten, bis das Schiff kam, doch dann bot sie mir doch an, mein Gepäck reinzustellen und den Wagen zum Parkplatz zu bringen.

Nachdem ich dann meinen Wagen geparkt hatte und wieder zurückgegangen war, war die Uhr inzwischen schon auf 0:15 Uhr vorgerückt und ich fragte sie, ob sie wüsste, in welcher Schleuse das Schiff anlegen würde, doch das wusste sie nicht und meinte „Da müssen Sie sich erkundigen“. Wo, konnte sie mir allerdings auch nicht sagen. Also ließ ich mein Gepäck dort und ging über die östliche Schleuse zum Mittelteil der beiden Schleusen, wo ich ein erleuchtetes Häuschen sah. Darin saßen drei Männer, die mir dann sagten, die „Trans Alrik“ würde auf der südlichen Seite der Südschleuse anlegen.

Auf dem Rückweg zum Missionsstation hatte ich schon Lichter vor den Schleusen gesehen, und ich sagte der Dame, dass ich dann auf dem Kai warten würde und sie wieder ins Bett gehen könnte. Ich durfte mich noch in ihr Gästebuch eintragen – oder was das auch immer war – und dann verabschiedete ich mich noch einmal mit vielen Dankeschöns, nahm mein Gepäck und zog auf den Kai.

Das Schiff, das ich gesehen hatte, war die „Werder Bremen“, die zuerst in die Schleusenkammer fuhr, doch gleich danach kam die „Trans Alrik“. Ich fragte die beiden Festmacher, wo es anlegen würde, doch einer antwortete nur „Das weiß man nie so genau“. Also wartete ich ziemlich am Anfang der Schleusenkammer und siehe da, es war punktgenau die Stelle, an der ich an Bord gehen konnte.

Da hinten kommt sie… 3 5…und da ist sie.

„Ich bitte an Bord treten zu dürfen“ sagte ich – weil ich mal gehört oder gelesen hatte, dass man das so sagt, wenn man ein Schiff betritt, doch die Jungs haben mich offenbar gar nicht verstanden, sondern brabbelten irgendwas auf Englisch. Einer nahm meinen großen Koffer und der andere geleitete mich in meine Kabine, die aus einem Wohn- und einem Schlafraum besteht. Nicht schlecht! Dann zeigte er mir noch, wo die Mahlzeiten eingenommen werden und welches mein Platz am Tisch wäre und schickte mich dann auf die Brücke.

7 Meine Unterkunft: „Owner“- Kabine sagte mir später der Kapitän.

Mir war gar nicht bewusst, dass man so ohne weiteres als Passagier auf die Brücke gehen kann, doch das ist auf diesem Schiff offenbar überhaupt kein Problem. So stellte ich mich dem Kapitän vor, der mich später seinem 1. Offizier vorstellte – einem Russen – und ich konnte mir alles ansehen und auch viele Fragen stellen, wie sie ein Laie so stellt. Er beantworte alle Fragen sehr geduldig, wobei ich nicht weiß, ob dies aus Routine – weil es ja viele Passagiere im Laufes des Jahres gibt und sie alle die gleichen Fragen stellen – oder weil es ihm nichts ausmacht, seine Mitreisenden etwas über seinen Beruf zu erzählen.

So gegen 1:30 Uhr liefen die Schiffe aus der Schleuse aus und die Reise begann.

10 Ausfahrt aus der Schleuse.

Ich war auf der Brücke und sah zu, wie der Käpt´n mittels Radar und aller möglichen Instrumente, die mir natürlich noch nicht viel sagten, durch die Dunkelheit fuhr. Als wir rechts mehrere Lichter einer Ortschaft sahen, fragte ich „Ist das schon Laboe“ und er antwortete „Ja, wir paddeln ja nicht!“

Mit ca. 15 Knoten – knapp 28 km/h – ging es auf Nordostkurs und durch meine vielen Fragen kam ich langsam dahinter, wie das mit dem Radarschirm so funktioniert. Man kann die einzelnen Schiffe anpeilen und weiß genau, um welches es sich handelt, wie schnell es fährt, woher es kommt und wohin es will. Es wird ein Kurs eingegeben, wie beim Autopiloten, und dann könnte es seine Route auch alleine fahren. Doch die Leuchtfeuer sind immer noch unersetzlich, sagte mir der Käpt´n, denn die Technik kann einmal ausfallen und dann braucht man sie.

Gegen 2:30 Uhr erreichten wir die Stelle, bis zu der der Kapitän auf der Brücke hat sein müssen, denn in der Kieler Förde braucht er keinen Lotsen, weil er hierfür eine Prüfung gemacht hat, so dass er alleine fahren darf.  Da seine Wache eigentlich schon um24:00 Uhr vorbei war – der 1. Offizier war schon auf der Brücke – schickte er sich langsam an, Dienstschluss zu machen. Das war auch für mich Zeit, um in meine Koje zu gehen, denn ich war ja schon seit 6:00 Uhr auf den Beinen gewesen.

Doch Einschlafen war gar nicht so leicht. Der sehr hohen Geräuschpegel durch die Schiffmaschine und das ständige Vibrieren des Schiffes, dass alle möglichen Gegenstände zum scheppern bringt – selbst die Lampe über dem Bett – machte das Einschlafen schwierig und ich wälzte mich mindestens zwei Stunden von einer Seite auf die andere. Doch dann wurde es noch schlimmer, denn der Wind und somit der Seegang nahmen zu. Das Schiff rollte sehr stark von einer Seite auf die andere. Alles, was nicht niet- und nagelfast war, schepperte durch die Gegend. Mein Laptop auf der Bank fiel auf den Boden, der Papierkorb rutsche solange hin und her, bis er umkippte und ich ihn in den Schreibtisch einsperrte. Kurz: ich konnte nicht schlafen und stand auf, um mir das Schauspiel anzusehen.  Hin und wieder machte der 1. Offizier die großen starken Lampen für das Vorschiff an, um auf die See zu schauen. War recht imposant, das mit anzusehen.

Obgleich ich den ganzen Tag nicht einen Tropfen Alkohol zu mir genommen hatte, kam ich mir vor, als hätte ich zwei oder mehr Promille in mir, so torkelte ich durch die Gegend.

Irgendwann ließ die Dünung etwas nach und ich bin dann eingeschlafen. Erst gegen ½ neun wachte ich wieder auf und hatte somit doch zumindest 3 – 4 Stunden geschlafen.

Mittwoch, der 7. Januar 2009

18 22 Um 9 Uhr ging die Sonne auf – man ist halt schon weiter nördlich – und gegen ½ 10 begab ich mich runter in die Kantine zum Frühstück, was natürlich viel zu spät war. Doch es war noch Tee da – der steht den ganzen Tag über zur Verfügung und auf dem Tisch war noch Wurst, Käse und Butter sodass ich mir eine Stulle schmieren könnte. Da es um 12 Uhr schon wieder Mittagessen gibt, war das alles kein Problem für mich.

29 Mein Frühstück

Bei herrlichem Wetter und so um die Windstärke 4 schipperten wir an Rügen vorbei, dann später an Bornholm und noch später an Öland.

Ein paar Impressionen von der Reise: 42 31 32 28 34 33 Kapitän Thede, den ich am Abend nur im Dunkeln und in voller – vermummter – Montur gesehen oder besser erahnt hatte, erläuterte mir auf der Brücke alles, was ich wissen wollte. Wie das mit der Verladung der Container passiert, damit auch alle richtig verladen und gelöscht werden können und nicht die ersten, die gelöscht werden müssen, zu unterst sind usw. Das wäre Aufgabe des 1. Offiziers und der schickt die Liste dann an die Spedition und die wiederum an die entsprechenden Häfen. Das geht heute alles über Computer.

Auch, dass Container mit Flüssigkeiten in dieser Jahreszeit immer unter Deck verladen werden, damit sie nicht einfrieren. So z. B. hat er diesmal einige Container mit Wein dabei! Die sind bestimmt für die „Systembolaget“ vorgesehen, dem staatlichen Monopol für alkoholische Getränke. Sollte ich mich mal unter Deck begeben? Doch nein, man sollte den Schweden auch mal was Gutes gönnen und außerdem habe ich ja selbst sechs Flaschen Rotwein dabei.

Die Dünung war noch immer ganz schön mächtig, zumal die Wellen von Steuerbord kamen und das Schiff dadurch „rollte“, wie ich lernen konnte. Auf dem Rückweg würde es dann gegen die Wellen „stampfen“, wie mir der Kapitän sagte.

Punkt 12:00 Uhr gab es Mittagessen.  43 Erst eine leckere Hühnersuppe, die garantiert nicht aus der Tüte war, sondern von einem frischen Huhn, und dann ein Rinderbraten mit Gemüse und Kartoffeln. Erst kam der Chief-Ingeneer und dann der Käpt`n. Captains-Dinner sozusagen, oder besser: Captains-Lunch.

Der Chefmaschinist – auch ein Russe – und sein „Oiler“ haben normalen Dienst, d. h. nur tagsüber 8 Stunden und dann lassen sie die Maschine alleine – bis auf Notfälle natürlich. Der Käpt´n und sein „Chief“ wechseln sich im 6 Stunden-Rhythmus ab, weil ein Offizier ausgefallen ist – er hat sich das Bein gebrochen (wenn ich mich recht erinnere). Außer dem Koch – ein Rumäne – gibt es noch drei Matrosen, die die Decks-, Lade- und Löscharbeiten zu erledigen haben. Insgesamt somit 8 Personen, normalerweise neun.

Am Nachmittag habe ich dann auch noch ein paar Mützen Schlaf nachgeholt, denn wer weiß, wie die kommende Nacht verlaufen wird. Da sollte ich wohl doch mal das eine oder andere Glas Rotwein als Schlafmittel anwenden, oder?

Der Wind ließ nach und die See wurde ruhiger und man konnte die Weite des Meeres bewundern.

 36 51 Viel Verkehr auf dieser Route bei strahlendem Sonnenschein und mäßiger Dünung. 25 23 26

Und am späten Nachmittag begann der Sonnenuntergang:p1010063 p1010060  p1010075 Und dann war die Sonne auch schon weg und die Nacht beginnt: um 15:45 Uhr südschwedischer Zeit am 7. 1. 2009.

Es ist für mich immer wieder faszinierend, den Sonnenuntergang zu erleben und allein schon dafür hat sich für mich diese Reise gelohnt. Da denkt man nur noch über die Schönheit der Natur nach und freut sich des Lebens und vergisst, dass ich gerade mein neues Hotel auf Wangerooge in den Sand gesetzt habe und ich mitten im Insolvenzverfahren stecke. Das ist gut für ein positives Lebensgefühl!

p1010082 Abends gab es Gulasch mit Kartoffelsalat (auf Rumänisch, denn der Koch kommt ja aus Rümänien).

Nach Sonnenuntergang ging der Kurs weiter nördlich und so kamen die Wellen nicht mehr von der Seite sondern von vorne.

p1010085 Das Schiff rollte nicht mehr, sondern stampfte und das Schiff fuhr immer direkt in die ca. 1 ½ m hohen Wellen, was natürlich herrliche Gischtfontainen nach beiden Seiten erzeugte. Leider ist das auf dem Bild nicht so gut zu erkennen, denn es war halt nur der halbe Mond, der als Beleuchtungskörper diente.

p1010030 Auch der silberne Mondschein auf dem Wasser kommt nur schwach herüber. In Natura ist halt alles viel schöner.

Da der Wind nachgelassen hatte und sich die See etwas beruhigte, waren die Wellen auch nicht mehr so stark und so glitt das Schiffe eigentlich ganz gemütlich gen Norden.

Nachdem ich mein Buch von Helmut Schmidt „Außer Dienst“ bei ein paar Gläschen Rotwein zu Ende gelesen hatte, ging ich gegen ½ 10 ins Bett und habe auch sehr gut geschlafen.

Donnerstag, der 8. Januar 2009

Gegen ½ neun wachte ich auf und merkte, dass es wohl kurz vor Sonnenaufgang sein musste.p1010095 p1010094Ein Blick aus dem Fenster zeigte mir, dass wir inzwischen schon in den Schären waren und das sah schon sehr gut aus.

Also schnell eine kurze Katzenwäsche und rein in die Klamotten denn den Sonnenaufgang wollte ich nicht verpassen.

p1010096 Sonnenaufgang in den Schären

p1010097 Und so sah der Himmel im Norden aus und durch diese Schären müssen wir durch.

p1010098 p1010099 Spiegelglatte See – könnte man denken – doch es ist das über Nacht entstandene Eis, das die Spiegelung bewirkt.

p1010100 So hatte ich mir die Fahrt durch die Schären erträumt. Hier ist das Eis noch so dünn, das es sich den Wellen anpassen kann. Und hier sieht man schon eine kleine Eisrinne, die sich das Schiff geschaffen hat.

Wer glauben würde, hier gibt es nur Wildnis, der wird sich ganz schön täuschen. Schweden ist schließlich ein reiches Kulturland.

p1010113 Und das dahinten ist ein ziemlich großes Schloss. Der Lotse erzählte uns, dass es einer Familie Bode – nicht Boda, die Glasfabrikanten – gehört.

Und da jeder Schwede ein Sommerhäuschen hat, findet man auch hier zahllose p1010115 Fährverbindung zu den „Summer-Huset“ auf den Schären.

Das Eis wurde langsam dicker und der Seeweg durch die Schären immer enger. p1010118

Die schmalste Stelle ist nur 60 m breit und da weiß man dann auch, wozu man einen Lotsen braucht.

p1010117 Ein Blick auf die Seekarte zeigt uns die schmalen Stellen

p1010118 Die erste Engstelle ist geschafft, doch die nächste kommt gleich.

p1010123 Da müssen wir durch! Und dann nach links.

p1010125 Drin sind wir schon mal.

p1010126 p1010129 p1010127 Das Eis wird ganz schön beiseite gedrückt, doch das macht dem Schiff nichts aus, denn es hat eine hohe Eisklasse.

Doch dann ist auch das geschafft und vor uns liegt schon Södertälje, unser erster Hafen. Das Wetter hat sich verschlechtert und wir kommen in eine Schneefront – bei minus 4 Grad.

p1010128 Das liegt hinter uns…p1010132 p1010133 …und da müssen wir hin.

p1010136 Hier sollen wir anlegen

p1010135 p1010134Das Eis muss noch weggeschoben werden.

Fertigmachen zum Anlegen! p1010138

p1010177 Das ist ihr Schwesterschiff, das auch gerade am Kai in Södertälje lag.

p1010137 Und der dicke „Gewichtheber“ wartet schon auf uns.

p1010139 Schon schwebt der erste Kran heran, der mit seinen „Flaps“, die wie Schaufeln aussehen, ohne menschliche Hilfe die Container packen und hochziehen kann.p1010140p1010149

p1010141Da gehen auch schon die Schotten auf und man kann in den Bauch des Schiffes schauen, wo auch viele Weine lagern, wie der Käp´t mir sagte.

p1010142 Zum Mittagessen gab es Rinderleber mit Pommes und saure Gurke. Wie meistens bei Rinderleber hatte sie für mich nicht kaubare Röhrchen, doch sonst war sie nicht schlecht.

Da mir der Käpt´n sagte, dass es sich für die kurze Zeit des Löschens nicht lohnen würde, nach Västeras zu fahren und man dies nicht zu Fuß könnte – wegen der Zeit – bin ich nur ein wenig an Land gegangen, um das Schiff einmal im Hellen von außen zu sehen und zu fotografieren.

So sieht sie von vorne aus…p1010151p1010144  …und so von hinten.

Eiszapfen am Schiff… p1010156  …und rundherum mit Eis bedeckt, ein schwimmender Kühlschrank also. p1010146 p1010154

   p1010150 Da liegt sie nun, bereit zum Ent- und Beladen.  Und schon wird gelöscht (warum heißt es eigentlich „gelöscht“ und nicht entladen?)

p1010152 p1010153 Das sind einige nette – typische – Häuser in Västeras (das ist alles, was ich von der Stadt geshen habe…)

Beim Entladen kam wieder Schneefall auf p1010158 p1010160

und beim Beladen wars schon wieder dunkel (16:15 Uhr).

Gegen  ¼ nach fünf legten wir dann wieder ab, …p1010161

p1010163…um wieder durch Södertälje in den Mälarnsee zu fahren.

Durch diese Klappbrücke und dann in die Schleuse…p1010169…alles Millimeterarbeit für den Lotsen.

Kurz vor 23:00 Uhr sollen wir dann in Västerös ankommen.

Etwa eine Stunde vor Västerös passierten wir die Drehbrücke, die die einzige Straßenüberquerung des Mälarsee darstellt. Der Kapitän rief mich in meiner Kabine an, damit ich sie nicht verpasse. Fand ich sehr nett von ihm.

Da kommt sie auf uns zu…p1010173 p1010174 …und da fahren wir in sie hinein…

p1010175… da schließt sie sich schon wieder zu.

Freitag, der 9. 1. 2009

Heute wird gelöscht. Natürlich nicht den Durst (!), sondern die Ladung, die noch übrig geblieben war. Ab 7:00 Uhr ging es los und da war dann auch nichts mehr mit Schlafen, obgleich ich auch schon wach war, nur war es halt noch dunkel.  Doch als ich dann gegen ½ 8 aus dem Fenster sah, kam schon das Morgenlicht am klaren Himmel auf und da hielt mich dann auch nichts mehr in der Koje, zumal das Be- und Entladen der Container doch nicht ganz geräuschlos von statten ging.

Der neue Tag kündigt sich an. p1010176

Inzwischen war es auch wärmer geworden und die Temperaturen lagen über 0 Grad, so dass es einen schönen Tag zu werden versprach.

p1010177Der Hafen von Västerås im Morgenlicht

p1010178 Heute war ich zum ersten Mal pünktlich zum Frühstück (nur zwischen 7:30 und 8:30 Uhr, so dass ich ein leckeres Käseomelette bekam.

p1010179 Und um viertel vor neun ging die Sonne auf! p1010180 Und die Trans Frej ist auch schon da!

p1010186 Mit herrlichen Spiegelungen auf dem Eis. p1010187

Da stapelten sich schon wieder eine ganze Menge Container…p1010191…und das Schiff füllte sich mehr und mehr p1010192p1010181 Die Schauerleute sind alle mit dem Fahrrad da.

p1010193 Schon eine toller Blick über den Mälarsee, oder?

Pünktlich um 12:00 Uhr gibt’s wie immer Mittagessen (musste ich mich erst noch dran gewöhnen, aber das lernt man schnell).p1010194 Heute gab es leckeren Schweinebraten. Sehr zart und saftig!

Bevor wir um 14:00 Uhr wieder ablegen, noch schnell ein Blick auf die Landkarten, p1010195 p1010196 damit man ungefähr weiß, wo das Herz Schwedens liegt und wo wir waren.

Am rechten Bildrand beginnt Stockholm, in der unteren rechten Ecke ist Södertälje (da müssen wir wieder durch) und bei Mariefred (links oben von Södertälje) liegt das berühmte Schloss Gripsholm, das Kurt Tucholsky in seiner Erzählung „Ein Sommernachtstraum“ so herrlich romantisch beschreiben hat und das ich mir vor 1 ½ Jahren auf meiner Rundreise um die Ostsee wieder einmal angesehen hatte.

https://www.diekmann-reisen.de/der-weg-ist-das-…nd-um-die-ostsee/ 

Um genau 14:00 Uhr legten wir ab und es begann eine wunderschöne Reise durch den Mälarsee. Ich habe bis Sonnenuntergang auf dem Achterdeck gestanden und danach von meiner Koje aus die herrliche Natur bewundert. Einfach grandios. Daher nun einfach nur ein paar schöne Impressionen.

p1010198 Wer genau hinschaut, kann schon den Mond erkennen, der uns die ganzen nächste Zeit führen sollte (rechts über dem Bugmast).

p1010201 Leinen los“, erst achtern…p1010204 …und dann vorn.

Los geht´s ! p1010206Ein letzter Blick auf Västerås …p1010208 …und dann mit voller Kraft… p1010209 …hinaus auf den eisbedeckten Mälaree.

p1010214 Strahlender Sonnenschein über spiegelblankem Eis.

Jedem Schweden seine Insel p1010217 p1010215 Soweit liegt Västerås schon hinter uns. („Wir paddeln ja nicht!“ wie der Käpt´n vor Laboe ja gesagt hat.)

Da sind wird durch p1010218

p1010220 Spiegeleis

 p1010222 Sommerhäuser (jetzt sind sie wohl leer)p1010219 p1010218

 Wieso wächst Schilf so dicht neben der Fahrrinne?  p1010225 p1010226

p1010228 p1010230  p1010233 Sonnenuntergang auf dem Mälarsee

 Abendrot im Osten p1010235 und im Westen p1010240

 Überall Wegweiser p1010244 p1010246

p1010238 Und immer schön dem Mond folgen!p1010248

Da kommt auch schon wieder die Drehbrücke. p1010252 Passen wir da überhaupt durch? (Gestern gings noch!)

Da müssen die Autos halt warten… p1010255 p1010257

p1010258…und haben auch mal Zeit für den schönen Abendhimmel. Traumhaft schön. Oder?

p1010264 Wozu braucht man Radar und einen Kompass, wenn der Mond ein so guter Wegweise ist?
p1010267 Mit einem so prachtvollen und klaren Abendhimmel, der sich auf dem blanken Eis widerspiegelt

Da musste ich unbedingt noch zwei „Neidanrufe“ loswerden, den einen an Andrea und den anderen an Pavlina, meinen beiden Hotelchefinnen in Oldenburg und Neu Wulmstorf. Und das ist voll gelungen!

Zwischendurch hatte mich meine Tochter Mirja noch angerufen die auch einen „Neidanruf“ loswerden wollte, denn sie war gerade am Walchensee in Bayern, wo sie sich ein Hotel angeschaut hat, das vielleicht interessant für mich sein könnte. Doch sie war von dem Hotel nicht begeistert und damit hat sich dies wohl auch erledigt.

 Die Durchfahrt in Södertälje ist sehr eng…p1010270 p1010277…und dann auch noch um die Kurve und unter Brücken hindurch.

Da braucht es schon ein gutes Schiff, das sich leicht und wendig steuern lässt. Das sagte ich auch dem Kapitän, der nur antwortete, dass die Lotsen mit dem Boot recht zufrieden sind.

Es war ein traumhaft schöner Tag, so wie man ihn sich nur wünschen kann. Dahabe ich dann auch nicht gezögert, mir am Abend eine Flasche Rotwein zu gönnen!

p1010285 Diese Nachtaufnahme ist „künstlerisch besonders wertvoll“, da sie die Fortbewegung des Schiffes dokumentiert (Belichtung ca. 8 Sekunden). Das Verwackelte ist gewollt und nicht rotweinbedingt!

Dieser Tag schenkte mir eine der schönsten Schiffsreisen, die ich je erlebt habe!

Sonnabend, der 10. Januar 2009

Nachdem ich 10 Stunden geschlafen hatte und aus meine Kabine blickte, sah ich dieses Bild: p1010287 Trübes Wetter, fast Nebel!

Als wenn mir nahezu alles an Wetter geboten werden soll, was man auf dem Wasser so erleben kann. Heute ist also kaum etwas mit „Ausblick genießen“, sondern wohl eher Buchlesen angesagt.

In der Hanöbucht – der Biskaya der Ostsee – wie mir der Käpt´n sagte, weil es hier immer starke Winde gibt, überholten wir einen nahezu gleich langen Containerfrachter, der jedoch wesentlich langsamer fuhr. Schon eine Stunde vorher sagte mir der Kapitän genau, wann er das Schiff überholen würde. So genau ist es auf dem Radarbild ausgezeichnet.

p1010288 Leider ist das Foto etwas unscharf geraten, denn sonst könnte man rechts unter „No Alarms“ lesen, dass das Target 62, das mit 9,7 Knoten fährt, in 57,3 Minuten überholt wird. Ist schon toll, was es heutzutage alles so gibt.

p1010290 Da ist es schräg voraus, das Target 62 … p1010292 …und nun überholen wir es schon.

Erst nachts gegen 22:00 Uhr löste sich das trübe Wetter auf und der Mond ließ sich wieder blicken. Doch da bin ich zu Bett gegangen, denn Morgen früh ist kurz nach 5 Uhr Schluss mit Schlafen, denn um 6:00 Uhr soll das Schiff in der Holtenauer Schleuse sein und da endet dann meine Reise.

Sonntag, den 11. 1. 2009

Ja, nun ist sie also zu Ende: meine Reise mit dem Containerschiff ins Herz von Schweden.

Einfahrt in die Holtenauer Schleuse p1010314 p1010317 Da liegt die „Trans Alrek“ nun wieder in der Schleuse…p1010316 …und ich steh´ auf dem Kai und mache die letzten Aufnahmen. Und das am Sonntagmorgen um 6, wo normale Menschen noch friedlich schlummern.

p1010319 Und zum Schluss noch einen Blick auf die Landkarte, damit man sehen kann, wo wir waren.

Herzlichst Ihr glücklicher Single-Reisender

Jens Diekmann